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Vergleich der türkischen AG mit der türkischen GmbH

Die türkische AG im Vergleich zur türkischen GmbH

Bei Banken, Versicherungen, Leasing- und Kapitalanlageunternehmen ist in der Türkei zwingend die türkische Anonim Şirketi (A.Ş.), also eine AG als Gesellschaftsform vorgeschrieben. Für die Gründung einer A.Ş. werden mindestens fünf Gründungsmitglieder und ein Grundkapital von 50.000 YTL benötigt. In anderen Bereichen stellt sich die Frage, ob die A.Ş. oder die Ltd. Şti. die passendere Gesellschaftsform ist. Oftmals wird aufgrund des niedrigeren Aufwands für die Gründung vorschnell zugunsten der Ltd. Şti. entschieden, ohne die haftungsrechtlichen Vorteile der A.Ş. ausreichend zu berücksichtigen.

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Aktiengesellschaft (Anonim Şirketi - A.Ş.)

Die Aktiengesellschaft ist für alle legalen Gesellschaftszwecke zulässig. Das gesamte Stammkapital wird bei Gründung in Form von Aktien an die Anteilseigner ausgegeben. Gesellschafter können sowohl natürliche, als auch juristische Personen sein. Die Aktiengesellschaft haftet als eigene juristische Person gegenüber Gläubigern mit dem Geschäftsvermögen.

Die AG ist Pflicht

Banken, Versicherungen, Leasing- und Kapitalanlageunternehmen

 

Grundkapital bei der AG

50.000 YTL, entspricht ca. 22.900 EUR (09/2009)

 

Sonderregelungen

Bei Banken
Versicherungen
Leasinggesellschaften

wesentlich höhere Kapitalgrenzen

 

Mindestens 5 Gesellschafter

 

Firmirung

Die Aktiengesellschaft muss bei Firmierung immer den Zusatz A.Ş. gebrauchen. Wenn ausländische Gesellschafter an der Aktiengesellschaft beteiligt sind, können ausländische Namen genehmigt werden.

 

Gründung

Mindestens fünf Gesellschafter sind bei Gründung erforderlich. Durch Eintragung in das Handelsregister erlangt die Aktiengesellschaft Rechtswirksamkeit und wird zur juristischen Person. Fällt die Zahl der Gesellschafter unter fünf, löst sich die Aktiengesellschaft nicht automatisch auf; die Auflösung kann aber bei Gericht durch jeden Aktionär, Gläubiger und das Industrie- und Handelsministerium beantragt werden.

 

Gegenwärtig kann die Aktiengesellschaft im Wege der Einheitsgründung bzw. Simultangründung oder der Stufengründung enstehen. In der Praxis kann die Stufengründung vernachlässigt werden. Das neue HGB trägt dieser Entwicklung auch Rechnung und sieht nur noch die Einheitsgründung vor. Bei der Einheitsgründung übernehmen die Gründer der Aktiengesellschaft zunächst sämtliche Geschäftsaktien.

 

Verwaltungsrat, Generalversammlung und Aufsichtsrat

Neben den üblichen Schriftformerfordernissen in der AG-Satzung mit den Mindesterfordernissen zu den Gründungsmitgliedern, dem Gesellschaftszweck, Sitz des Unternehmens, Gesellschaftsdauer, Art und Höhe des Stammkapitals, Anzahl der Aktien und Stückelung des Aktienkapitals usw. besteht die AG aus dem Verwaltungsrat, der Generalversammlung und dem Aufsichtsrat.

Einschränkung der Gesellschaftszwecke bei der Ltd. Şti.

 

Weiterführende Informationen

zur türkischen GmbH

Gesellschaft mit begrenzter Haftung (Ltd. Şti.)

Gesellschaftszweck

Der Gesellschaftszweck einer Ltd. Şti. darf sich nicht ausschließlich auf Bank-, Versicherungs- und Finanzierungsgeschäfte erstrecken, weil hierfür die Rechtsform der A.Ş. vorgeschrieben ist. Die Anzahl der Gesellschafter ist nach unten mit zwei, nach oben mit fünfzig begrenzt. Sinkt die Anzahl der Gesellschafter unter zwei, so stellt dies einen Auflösungsgrund dar, der durch die Gläubiger bei Gericht beantragt werden kann.

 

Gründung

Zur Gründung einer Ltd. Şti. ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zu entwerfen, der Angaben über die Gesellschafter und das Unternehmen beinhaltet. Dieser ist vor Einreichung beim Handelsregister notariell zu beglaubigen. Mit Eintragung der Ltd. Şti. in das Handelsregister erlangt sie Rechtspersönlichkeit als eigene juristische Person.

 

Organe der Ltd. Şti.

Die Organe der Ltd. Şti. sind die Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführer. Bei Gesellschaften mit mehr als zwanzig Gesellschaftern schreibt das Gesetz zusätzlich den Aufsichtsrat vor. Bedeutende Beschlüsse wie die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Bestellung, die Abberufung und die Entlastung der Geschäftsführer können nur im Wege von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung rechtswirksam stattfinden.

 

Der Austausch von Gesellschaftern ist gesetzlich zulässig; der Austritt eines Gesellschafters, der seine Einlage nicht erbracht hat, kann nur durch Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen.

 

Umwandlung der Gesellschaftsform

Die Umwandlung der Ltd. Şti. in eine andere Rechtsform ist zulässig, wenn die Voraussetzungen zur Gründung der beabsichtigten Rechtsform erbracht werden.

Haftung der Gesellschafter

Haftung der Aktionäre bei der A.Ş.

Nach Art. 269 des türkischen HGB ist das Grundkapital der AG in Aktien aufgeteilt. Mitglied ist jeder, der die Aktie der AG erwirbt oder zeichnet. Aus der Mitgliedschaft ergeben sich eine Vielzahl von Rechten und Pflichten für den Aktionär. Eine Pflicht des Aktionärs ist die Leistung der von ihm übernommenen Kapitaleinlage. Eine Befreiung von dieser Pflicht ist ausgeschlossen, wie auch die Möglichkeit die Einlage zurückzufordern.

Für diese gilt hinsichtlich des Kapitals dasselbe wie für die GmbH.

  • Sie müssen eine Mindestkapitaleinlage nach dem Kapitalmarktgesetz einbringen. Ist die Zahl der Gesellschafter kleiner als 5, ist die AG zu liquidieren. Die Aktien lauten auf einen bestimmten Nennwert. Sie verkörpern die Rechte und Pflichten des Aktionärs. Nach dem türkischen HGB ist es zulässig, den Inhalt der Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs durch die Satzung zu erweitern oder einzuschränken.
  • Dadurch wird beispielsweise der Erwerb einer Vorzugsaktie möglich. Die Übertragung der Anteile einer AG ist im Gegensatz zur GmbH nicht zustimmungspflichtig.
  • Das bedeutet, dass die Anteile eines Gesellschafters unabhängig von den Mitgesellschaftern veräußerbar sind. Diese Rechte können jedoch durch die Satzung eingeschränkt werden. Die Aktienurkunden sind Wertpapiere, die entweder auf den Inhaber oder auf dessen Namen lauten. Die AG haftet nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Die Gesellschafter haften daher nicht mit ihrem persönlichen Vermögen für Verbindlichkeiten der AG. Dabei gilt natürlich eine Ausnahme hinsichtlich der Einlage der Gesellschafter.

 

Haftung der Gesellschafter der Ltd. Şti.

Für das Handeln und Unterlassen der Gesellschaft haftet nur die Gesellschaft mit ihrem Vermögen. Die Gesellschafter haften gegenüber Dritten nicht persönlich, die Haftung der Gesellschaft kann im Prinzip zum Verbrauch der Einlage führen. Aber: Kann die öffentliche Hand (Finanzamt, Sozialversicherung) eine Forderung bei der Gesellschaft nicht beitreiben, darf sie gegen die Gesellschafter vorgehen. Deren Haftung ist dann auf die Summe desjenigen Anteils aus der Forderung beschränkt, der dem Anteil am Kapital der Gesellschaft entspricht.

Haftung von Vorständen und Geschäftsführern

Haftung des Vorstands der A.Ş.

Im Rahmen der Geschäftsleitung haftet der Vorstand für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gegenüber den Aktionären. Bei Missbrauchstatbeständen ist die Haftung einzelner Vorstandsmitglieder gegenüber den Aktionären oder Gesellschaftsgläubigern denkbar. Grundsätzlich besteht eine Exkulpationsmöglichkeit. Soweit der Aufsichtsrat seine Amtsgeschäfte nicht ordnungsgemäß führt, kann diesen ebenfalls eine Haftung treffen.

 

Das türkische HGB sieht als Mindestvoraussetzung drei Organe vor, den Verwaltungsrat, die Generalversammlung und die Kontrolleure.

  • Der Verwaltungsrat wird durch die Generalversammlung gewählt. Er leitet und vertritt die Gesellschaft nach außen. Der Umfang der Vertretung wird durch den Gegenstand der Gesellschaft begrenzt. Der Verwaltungsrat besteht aus mindestens drei natürlichen Personen, die gleichzeitig Aktionäre der AG sein müssen. Hier unterscheidet sich die AG von der GmbH, wo der Geschäftsführer nicht Gesellschafter sein muss. Soweit Nichtaktionäre in den Verwaltungsrat gewählt werden, müssen diese nachträglich Aktionäre werden. Bei den Mitgliedern im Verwaltungsrat muss es sich nicht um türkische Staatsbürger handeln. Die Satzung kann Regelungen enthalten, wonach die Vertretung des Verwaltungsrats auf einen Direktor übertragen wird. Die Mitglieder des Verwaltungsrats dürfen höchstens auf die Dauer von drei Jahren bestellt werden, können jedoch wiedergewählt werden. Im Rahmen der Geschäftsführung haftet der Vorstand gegenüber den Aktionären für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung. Die Verwaltungsratmitglieder können in bestimmten Ausnahmesituationen für Handlungen durch die Gesellschaft, den einzelnen Aktionär und die Gesellschaftsgläubiger haftbar gemacht werden.
  • Die Generalversammlung ist das Beschlussorgan. Sie ist als oberstes Organ maßgebend für alle wichtigen und wesentlichen Entscheidungen im Interesse der Gesellschaft
  • Die Kontrolleure verkörpern die Funktion eines Aufsichtsrats. Sie bestehen aus maximal fünf Personen und überwachen die Tätigkeit der AG und des Vorstands. Die Mitglieder dieses Gremiums müssen nicht Aktionäre sein. Sie werden bei der Gründung für die Dauer von einem Jahr, danach für drei Jahre bestellt. Wichtig ist, dass juristische Personen ebenfalls die Funktionen eines Kontrolleurs ausüben können. Allerdings ist die Mitgliedschaft ausländischer natürlicher oder juristischer Personen zu einer bestimmten Quote an die türkische Staatsangehörigkeit geknüpft. Erst wenn diese erfüllt ist, kann ein Ausländer Kontrolleur sein.

 

Haftung der Geschäftsführer der Ltd. Şti.

Die geschäftsführenden Gesellschafter einer Ltd. Şti. haften für die Forderungen gegen die Gesellschaft bis zur Höhe der Kapitaleinlage. Seit dem 01.01.1999 haften sie aber auch unbeschränkt persönlich für die Steuerzahlungsverpflichtungen der Gesellschaft wie auch für die nicht entrichteten Sozialversicherungsprämien der Arbeitnehmer. Sie haften nicht für die nicht eingezahlten Kapitaleinlagen der restlichen Gesellschafter. Deliktische Haftung trifft die Geschäftsführer der Ltd. Şti. genauso wie den Vorstand der A.Ş. bei Vorliegen von Absicht und Fahrlässigkeit.

Wichtige Unterschiede hinsichtlich der Haftungsregelungen

Vorzüge der A.Ş. gegenüber der Ltd. Şti.

Bei ausländischen Direktinvestitionen in der Türkei wird in der Praxis häufig ohne tiefgreifende Prüfung der Ltd. Şti. der Vorzug vor der A.Ş. eingeräumt. Die komplizierter erscheinende Gründung, die höhere Anzahl an Mindestgesellschaftern - fünf bei der A.Ş. anstelle von zwei bei der Ltd. Şti. - und die stärker formalisierten Abläufe der Entscheidungsverfahren der jeweiligen Organe geben hier oft den Ausschlag, da auf den ersten Blick weder steuerrechtliche noch anderweitige Vorteile der A.Ş. gegenüber der Ltd. Şti. zu bestehen scheinen.

 

Vernachlässigt werden bei der Auswahlentscheidung häufig unscheinbare aber durchaus wichtige Unterschiede der beiden Rechtsformen im Hinblick auf die Durchgriffshaftung auf den Gesellschafter:

 

  • Sowohl die Gründer einer Aktiengesellschaft, als auch die Gründer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach türkischem Recht haften den Gläubigern und Anteilseignern gegenüber für vier Jahre ab Eintragungsdatum der Gesellschaft für Schäden, die auf fehlerhaften Angaben betreffend die Gesellschaftsgründungsunterlagen, das Stammkapital oder seine Verteilung auf die Gesellschafter beruhen.
  • Die Gründungsgesellschafter einer Ltd. Şti. können sich aber im Unterschied zu denen in einer A.Ş. auch nach Ablauf dieser vier Jahre der Haftung nicht dadurch entziehen, dass sie ihre Anteile verkaufen und aus der Gesellschaft ausscheiden. Ihre Haftung bleibt nach der Haftung der aktuellen Gesellschafter subsidiär bestehen. Kann also der aktuelle Gesellschafter die Gläubiger nicht ausreichend befriedigen, kann er gegen diejenigen Vorgänger vorgehen, die im Zeitraum von fünf Jahren vor Ausscheiden des ursprünglich in Anspruch genommenen Gesellschafters im Anteilsbuch eingetragen waren, und zwar in der Reihenfolge ihrer Eintragung. Die Haftungskette wird erst mit Ablauf von zehn Jahren vor der Eintragung des Ausscheidens des ursprünglich in Anspruch genommenen Gesellschafters im Anteilsbuch unterbrochen.

Mehrheitenregelungen

Mehrheitsverhältnisse (Aktienmehrheit) sind im Zusammenhang mit Abstimmungen im Rahmen von Hauptversammlungen oder Gesellschafterversammlungen von Bedeutung. Neben der sog. einfachen Mehrheit (über 50% der Stimmen) ist insbesondere bei Kapitalgesellschaften die qualifizierte Mehrheit relevant.

 

Laut gesetzlicher und satzungsmäßiger Regelung können bestimmte Beschlüsse der Gesellschafter nach deutschem Recht nur Rechtskraft erlangen, wenn eine qualifizierte Mehrheit vorliegt, d. h. eine größere als die einfache Stimmen- und/oder Kapitalmehrheit bzw. eine Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen.

 

Eine Mehrheit von mindestens drei Viertel (deutsches Recht) bzw. zwei Drittel (türkisches Recht) des bei Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals wird im Rahmen von Hauptversammlungen der Aktiengesellschaft benötigt bei:

  • Satzungsänderungen (im Gegensatz dazu ist nach türkischem Recht zusätzlich eine Genehmigung durch das Industrie- und Handelsministerium vorgesehen)
  • Kapitalherabsetzung
  • Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern
  • Fusionsbeschlüsse
  • Auflösung der Gesellschaft

Das GmbHG in Deutschland sieht ebenfalls die qualifizierte Mehrheit vor: Im Falle der geplanten Änderung des Gesellschaftsvertrags ist gem. § 53 Absatz 2 GmbHG eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen notwendig, nach türkischem Recht reicht eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen, Artikel 513 Absatz 1 des türkischen Handelsgesetzbuchs.

Sperrminorität
33 Prozent plus einer Aktie

Minderheitschutz, Sperrminoritäten etc.

Unter Sperrminorität wird im deutschen Recht eine Minderheit von mindestens 25 Prozent plus einer Aktie des auf der Hauptversammlung einer AG vertretenen Grundkapitals verstanden. Gegen diese qualifizierende Minderheit sind Satzungsänderungen nicht möglich. Kapitalerhöhungen oder Fusionen können so verhindert werden. Diese Grenze liegt nach türkischem Aktienrecht bei 33 Prozent plus einer Aktie, weil eine Satzungsänderung mit einer Zwei-Drittel Mehrheit möglich ist.

Ansprechpartner in Sachen Unternehmensberatung im deutsch-türkischen Bereich