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Insolvenz in der Türkei

Konkursrecht vs. Insolvenzrecht

Die bedeutendste der im türkischen Recht geregelten Verfolgungsmöglichkeiten eines Schuldners ist das sogenannte „kollektive Vollstreckungsverfahren“ (iflas). Entsprechende Regelungen finden sich im Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz (İcra ve İflas Kanunu). Im kollektiven Vollstreckungsverfahren wird das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners aufgrund eines Gerichtsbeschlusses der Kammer für Handelssachen verwertet, um daraus die Gläubiger, welche grundsätzlich gleich zu behandeln sind, zu befriedigen.

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Ab wann tritt Insolvenz ein? Wann muss gemeldet werden? Wie setzt man als Gläubiger seine Ansprüche durch?

Konkursrecht vs. Insolvenzrecht

Die bedeutendste der im türkischen Recht geregelten Verfolgungsmöglichkeiten eines Schuldners ist das sogenannte „kollektive Vollstreckungsverfahren“ (iflas). Entsprechende Regelungen finden sich im Zwangsvollstreckungs- und Konkursgesetz (İcra ve İflas Kanunu). Im kollektiven Vollstreckungsverfahren wird das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners aufgrund eines Gerichtsbeschlusses der Kammer für Handelssachen verwertet, um daraus die Gläubiger, welche grundsätzlich gleich zu behandeln sind, zu befriedigen.

Auch in Deutschland hatte noch bis vor wenigen Jahren das 'alte' Konkursgesetz Gültigkeit. Alt deshalb, weil es immerhin bereits am 1.Oktober 1879 in Kraft getreten war und erst am am 01.01.1999 durch neuere Regelungen ersetzt wurde.

Das 'alte' Gesetz sah die Möglichkeit des Konkurses lediglich für Unternehmen vor. Eine GmbH oder AG konnte also 'Konkurs anmelden'. Die Masse (Konkursmasse) wurde dann sofern überhaupt vorhanden auf die Gläubiger verteilt. Damit war das Konkursverfahren in den Grundzügen beendet. Privatpersonen (aber auch ehemalige Gesellschafter oder Geschäftsführer von Konkursfirmen) konnten ihre Schulden nicht geregelt tilgen. Hatte sich also jemand privat verschuldet und war aus welchen Gründen auch immer nicht mehr in der Lage seine Verbindlichkeiten zu erfüllen, gab es keinen gesetzlich geregelten Ausweg aus dieser Situation. Das Gleiche galt für ehemalige Unternehmer die zwar die Verbindlichkeiten des Unternehmens durch das Konkursverfahren regeln konnten, aber private Bürgschaften (der Unternehmer hat mit seinem Haus und Grund oder einer Lebensversicherung für einen Firmenkredit gebürgt) blieben auch nach dem vorgenommenem Konkurs noch übrig.

Dies hat sich mit der Einführung der neuen Gesetzgebung geändert. Aus dem 'alten' Konkursrecht wurde das 'neue' Insolvenzrecht. Es ermöglicht den oben genannten Personen auch ein privates Insolvenzverfahren vor Gericht zu führen. So können auch private Verbindlichkeiten ähnlich wie bei einem Firmenkonkurs gerichtlich geregelt abgebaut werden.

Am Ende winkt dem 'ordentlichem' Schuldner sogar der Erlass der restlichen Verbindlichkeiten. Man spricht von 'Restschuldbefreiung'.

In der Türkei existiert kein der Insolvenzordnung vergleichbares Instrument, d.h. eine Restschuldbefreiung für Privatleute ist nicht vorgesehen.

Einen Antrag auf Konkurseröffnung kann je nach Konkursart sowohl ein
Gläubiger, als auch der Schuldner bei der Kammer für Handelssachen stellen. In der Regel darf dieses Verfahren nur bei Kaufleuten oder diesen nach dem Gesetz gleichgestellten Personen angewandt werden (Art. 43 türkisches İcra ve İflas Kanunu). Daher unterscheidet sich das kollektive Vollstreckungsverfahren auch wesentlich von der Gesamtvollstreckung gegen natürliche Personen.

 

Konkursarten

Man unterscheidet drei verschiedene Konkursarten.

 

  • Ordentlicher Konkurs: Den klassischen Weg stellt der sogenannte „ordentliche Konkurs“ dar. Bei diesem stellt der Gläubiger einer Forderung bei dem zuständigen Vollstreckungsamt einen Konkursantrag, der zunächst lediglich zur Übermittlung eines Zahlungsbefehls führt. Dagegen kann der Schuldner Widerspruch einlegen, wodurch die Vollstreckung zunächst gehemmt wird. Der Gläubiger hat dann die Gelegenheit, innerhalb eines Jahres bei der Kammer für Handelssachen die Klage auf Konkurs zu erheben, gegebenenfalls in Verbindung mit einer Klage auf Aufhebung des Widerspruchs.

  • Wechselkonkurs: Der Wechselkonkurs ist ein spezielles Verfahren für Wechsel- und Scheckgläubiger und Inhaber von Orderpapieren, welches im Gegensatz zum ordentlichen Konkurs kürzere Fristen hat.

  • Direkter Konkurs: Bei dem direkten Konkurs können sowohl der Gläubiger, als auch der Schuldner selbst unmittelbar Konkursklage einreichen, ohne vorher einen Zahlungsbefehl
    zu beantragen. Sollte der Schuldner die Zahlung verweigern, seine bereits erfolgten Zahlungen einstellen, ein Vergleich im Sinne des Art. 301 ZVG scheitern oder aber der Schuldner trotz aufgrund eines rechtskräftigen Urteils ergangenen Zahlungsbefehls Zahlungen nicht leisten, so kann der Gläubiger bei der Kammer für Handelssachen Klage erheben. Für den Schuldner kann unter Umständen sogar die Verpflichtung bestehen, Konkursklage zu erheben, da ihn ansonsten strafrechtliche Konsequenzen wegen betrügerischen Bankrotts treffen könnten.

 

Verfahren

Sobald der Konkurs eröffnet ist, fällt das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners in die Konkursmasse. Der Schuldner verliert seine Verfügungsbefugnis
darüber. Ähnlich wie im deutschen Recht erfolgt eine Bekanntmachung der Konkurseröffnung an die Gläubiger und die Gläubiger werden aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer Frist von einem Monat anzumelden. Im Rahmen einer mit der Bekanntmachung einberufenen Gläubigerversammlung wird die zukünftige Konkursverwaltung gewählt, die gemäß Art. 223 İcra ve İflas Kanunu aus drei Personen bestehen muss und als gesetzlicher Vertreter der Konkursmasse zu fungieren hat. Zunächst werden die Konkursforderungen festgestellt und bei Anerkennung entsprechend ihres Ranges (insgesamt vier in der Folge) aufgelistet. Die Verwertung erfolgt entweder im Wege der Versteigerung oder nachrangig im Wege des freihändigen Verkaufs. Mit dem daraus gewonnenen Erlös werden die Gläubiger nach Maßgabe der Rangliste befriedigt. Beendet wird das Verfahren durch das Konkursgericht auf Antrag der Konkursverwaltung nach abschließender Überprüfung des Verfahrensablaufs.

 

Sanierung

Auch nach Eröffnung des Konkursverfahrens haben der Gläubiger, das Konkursamt oder die Konkursverwaltung noch Gelegenheit, unter Vorlage eines Sanierungsplans das Konkursgericht anzurufen. Bei Gestattung dieses Antrags wird das Konkursverfahren vorerst ausgesetzt und ein Zwangsverwalter
eingesetzt. Erst wenn die Sanierung scheitern sollte, wird das Konkursverfahren fortgesetzt.

 

Vergleich

Da mit einem Konkursverfahren immer eine gewisse Rufschädigung des Konkursschuldners einhergeht und in den seltensten Fällen alle Gläubiger befriedigt werden können, haben sowohl Gläubiger als auch Schuldner die Möglichkeit, bei der zuständigen Kammer für Handelssachen rechtzeitig einen Vergleich anzumelden. Ein Vergleich kann auch noch nach der Beendigung des Konkursverfahrens beantragt werden. Sollte der Konkurs allerdings vorsätzlich vom Schuldner herbeigeführt worden sein oder nicht alle erforderlichen Dokumente offengelegt werden, steht ihm diese Option nicht zu. Ziel des Vergleichs ist die Sanierung des Schuldners. Daher wird ihm durch das Gericht ein befristeter Aufschub zugesprochen, der landesweit bekannt gemacht wird. Zur Leitung wird ein Vergleichskommissar eingesetzt, der den Vermögensbestand des Konkursschuldners prüft, mit Hilfe des Konkursschuldners ein Verzeichnis erstellt und eine Gläubigerversammlung einberuft. Bei einer Mehrheit von zwei Dritteln der Gläubiger und des Forderungsaufkommens kommt ein Vergleich zustande, dem das Gericht zustimmen muss. Sollte das Gericht Einwände gegen diesen Vergleich haben oder kommt ein solcher nicht zustande, wird der Konkurs eröffnet.

Gleiches gilt, wenn ein Gläubiger den Aufschub anficht. Seit Juli 2003 besteht für den Schuldner darüber hinaus die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Vergleichs seiner Verfügungsbefugnis über sein Vermögen oder aber eines bestimmten Teil seines Vermögens zu Gunsten der Gläubiger zu entäußern.

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