I. Rechtliche Rahmenbedingungen

Flagge der Republik Türkei
  • Türkei - Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches
  • Demokratische Republik, streng laizistischer und sozialer Rechtsstaat
  • Abkehr vom Kalifat und Rezeption (=Übernahme) des Gesetzeswerkes aus dem Westen
  • Zivilgesetzbuch aus der Schweiz, Strafgesetzbuch aus Italien
  • Deutsches Handelsgesetzbuch in Grundzügen rezipiert

Vom Kalifat zur Demokratie

Die Türkei ist der Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches. Ihre Staatsform ist die Republik. Nach Artikel 2 der Verfassung ist die Türkei ein demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat. Ihre aktuelle Verfassung trat am 7. November 1982 in Kraft.

Die Türkei ist eine parlamentarische Demokratie. Die Gesetzgebung liegt bei der Großen Nationalversammlung der Türkei. Das Militär hat sich bis jetzt dreimal an die Macht geputscht (1960 –1961, 1971 - 1973 und zuletzt 1980 - 1983), um die immer wieder auftauchenden politischen Krisen zu beenden.

Nach der Gründung der türkischen Republik wurden das im Osmanischen Reich geltende Kalifat aufgegeben und es wurden alle wichtigen Gesetze neu gefasst, wobei die neue Gesetzgebung im Wesentlichen von einer Rezeption (gleichbedeutend mit einer Übernahme oder Annahme) westlichen Rechts bestand. Die Rezeption des schweizerischen ZGB 1926 wurde zu einem Symbol des Übergangs von der islamischen zu einer säkularen Rechtsordnung.

1926 wurde das italienische Strafgesetzbuch von 1889 übernommen, welches im Jahr 2004 nach europäischen Standards reformiert wurde. Im selben Jahr wurde auch ein türkisches Handelsgesetz akzeptiert, das keine Totalrezeption wie die anderen Gesetze darstellt, obwohl es unter starkem deutschem Einfluss steht. Die Zivilprozessordnung des Kantons Neuchâtel von 1925, die neueste ihrer Zeit, wurde 1927 vom türkischen Gesetzgeber kodifiziert und ist seitdem statt vieler gründlicher Änderungen in Geltung, obwohl das Gesetz in der Schweiz 1988 durch ein Neues ersetzt wurde. Dasselbe gilt für das Bankrotts- und Insolvenzgesetz, das 1927 ebenso von Neuchâtel übernommen wurde. Im selben Jahr wurde auch die deutsche Strafprozessordnung ins Türkische übersetzt und mit wenigen Änderungen kodifiziert.

Gerade Deutschland hat in der die Rechtsordnung der Türkei bestimmenden Rezeptionsgeschichte eine bedeutende Rolle eingenommen. Nachem das deutsche Handelsgesetzbuch das türkische Handelsrechtsverständnis prägt, kann der in der Türkei investitionsfreudige Deutsche sich auf vertrauete Grundzüge verlassen.

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